Der Škoda Superb wird 90 Jahre alt
Es sind nicht nur die Kleinen, mit denen Skoda große Erfolge einfährt. Auch auf Autos von Format verstehen sich die Tschechen offenbar besser als viele andere, wie das Marken-Flaggschiff Superb zeigt. Diese bezahlbare Vision von Oberklasse gefällt Staatspräsidenten ebenso wie Familien.
Ganz schön mutig, diese Tschechen. Während andere in der Mittelklasse nur noch mit SUVs unterwegs sind und Volkswagen den neuen Passat lediglich als Kombi ins Rennen schickt, lanciert Škoda den konstruktiv verwandten Superb auch in frischer fünfter Generation sowohl als praktischen „Combi“ als auch als elegante, 4,91 Meter lange Limousine. Allerdings scheint der Erfolg Škoda zu bestätigen, denn das Flaggschiffmodell der Marke wird mit Unterbrechung seit 90 Jahren angeboten, und jede der ersten vier Generation toppte die Verkaufszahlen ihres Vorgängers.
So richtig rund läuft es für den Superb, seit Škoda zum VW-Konzern gehört. Während die von 1934 bis 1949 gebauten Superb den Glamour böhmischer Handwerkskunst in die kleine Klasse der Repräsentationsfahrzeuge trugen, wurden von den ab 2001 aufgelegten Superb schon 1,55 Millionen Fahrzeuge verkauft, davon rund 265.000 in Deutschland.
Der Škoda Superb ist unkonventionell durch kreativen Luxus, den es in der bezahlbaren Mittelklasse sonst nicht gibt. So überrascht der Tscheche mit Details wie Leuchteinheiten im Stil böhmischer Glaskunst, und im Fond bietet er das Raumangebot einer Chauffeurslimousine – tatsächlich dient er sogar als Staatskarosse.
Eine osteuropäische Erfolgsgeschichte
Škoda gelang, was anderen osteuropäischen Marken verwehrt blieb: Der Aufstieg zum Generalisten mit einem Programm vom Kleinwagen bis zur großzügig dimensionierten und leise laufenden Reiselimousine Superb, die auch EU-Abgeordnete, Minister, tschechische Präsidenten und Konzernlenker für repräsentative Zwecke nutzen.
Diese Vision erschwinglicher Oberklasse mit hohem Fahrkomfort verfolgten bereits die Unternehmer Václav Laurin und Václav Klement, als sie 1895 das Škoda-Vorläufer-Unternehmen L&K gründeten, dessen Namenssignet bis heute die luxuriösesten Škoda-Ausstattungslinie kennzeichnet. Zu den Besten zählen wollte das in Mladá Boleslav ansässige Unternehmen L&K von Beginn an.
Der Buchhändler Václav Klement hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts über die Unzuverlässigkeit seines Fahrrades deutscher Fertigung geärgert und deshalb den Fahrradmechaniker Laurin überzeugt, eine eigene Zweiradproduktion einzurichten, die 1905 um Automobile erweitert wurde. Rasch gewann L&K europaweit als Premiumfabrikat Anerkennung, musste aber 1925 mit dem Škoda-Konzern fusionieren, um gegen die einheimischen Konkurrenten Tatra und Praga bestehen zu können. Mit dem qualitativ und technisch anspruchsvollen Superb setzte dann Škoda 1934 den ersten großen Scoop im europäischen Oberhaus.
Qualitätsbewusst und preiswert
Luxus und Fortschritt wurden damals vor allem von deutschen und französischen Herstellern definiert, darunter Mercedes-Benz, Horch, Delage oder Voisin. Nicht wenige der europaweit rund 20 Luxusmarken standen nach der Weltwirtschaftskrise am finanziellen Abgrund, und in diesem Umfeld präsentierte der finanzstarke Škoda-Konzern die Typenfamilie 637 D und K, sowie 639 und 640 mit modernem Zentralrohrrahmen-Chassis und fortschrittlicher Einzelradaufhängung.
Der Modellname Regent sollte die relativ preiswerten Škoda-Spitzenmodelle als neue Herrscher im Premiumsegment ausweisen, dann aber ersann Karel Hrdlička, Topmanager des Automobilwerks in Mladá Boleslav, den Modellnamen Superb. Schließlich gab es schon Fahrzeuge, etwa von Opel, die als Regent vermarktet worden waren. Die Superb-Story begann mit dem 5,50 Meter langen Škoda Typ 640, angetrieben von einem drehmomentstarken Sechszylinder.
Hubraum und Leistung des seitengesteuerten Sechszylinders wurden stufenweise vergrößert, von 2,5 Liter auf 2,7 und 2,9 Liter, ehe Škoda 1938 im Superb 3000 mit einem 3,1-Liter-Aggregat auf das zukunftsweisende OHV-Prinzip mit Ventilen im Zylinderkopf wechselte. Und noch eine Innovation zeichnete den Superb 3000 aus: Die moderne 12-Volt-Bordelektrik, die erst 30 Jahre später Standard im Automobilbau wurde.
Vorstoß ins Premium-Segment
Keine feine Familie ohne Achtzylinder: Diesen lieferte Škoda 1938 im 5,70 Meter langen Superb 4000, einem prestigeträchtigen Auto, das nicht durch übermäßige Kraft, sondern durch Laufkultur finanzstarke Kunden gewann.